Rekordzubau oder Solarausstieg? Was davon stimmt denn jetzt? Sowohl als auch!
Massiv steigende EEG-Umlage trotz seit Jahren dauerhaft stattfindenden Kürzungen? Wie kann das funktionieren? Weiterlesen
Rekordzubau oder Solarausstieg? Was davon stimmt denn jetzt? Sowohl als auch!
Massiv steigende EEG-Umlage trotz seit Jahren dauerhaft stattfindenden Kürzungen? Wie kann das funktionieren? Weiterlesen
Fünf grundlegende Handlungsfelder haben die Forscher identifiziert
· Stromerzeugung und Transport
· Stromnachfrage
· Wärmenutzung
· Mobilität
· Gesellschaft
„Die Veröffentlichung versucht erforderliche Änderungen aufzuzeigen… es ist ein dynamischer Vorgang, eine „Fahrt mit Unbekannten“. Aber: Die Endstation ist klar, das Ziel ist die dekarbonisierte, effiziente und risikoarme Energiewelt.“ Die Kurzfassung der Untersuchung ist als (Download) verfügbar.
Hans-Peter Scheerer
EEG 2.0 – Welche politischen Steuerungsmaßnahmen sind im Sinne der Energiewende nötig?
Beitrag zur Veranstaltung „Warum steigen die Strompreise wirklich? Wie steuert die Regierung die Höhe der EEG-Umlage?“ am 12.12.12 von Energiewende e. V.
Welche Probleme treten mit dem EEG auf?
wurden bereits ausführlich im Vortrag von Tina Ternus beleuchtet. Einen Aspekt möchte ich noch nachtragen:
Sonderposition: Die Mehrwertsteuer
Die Erhöhung der EEG-Umlage wird immer noch mit Mehrwertsteuer beaufschlagt. Nach einer Auskunft des Bundesfinanzministeriums hat sich die Umsatzsteuer auf die Ökostrom-Umlage für Haushalte von 2003 bis 2011 auf 937 Millionen Euro mehr als verzehnfacht. Laut einer aktuellen Studie des DIW fließen 2013 rund 1,4 Milliarden Euro Mehrwertsteuer auf die EEG-Umlage in den Staatshaushalt.
Nicht jeder dürfte sinkende Börsenpreise für Strom als Problem betrachten. Tatsächlich profitieren davon diejenigen, die von der EEG-Umlage befreit sind. Jedoch verändern die sinkenden Preise das Investitionsverhalten, insbesondere für den Bau von Kraftwerken ohne Einspeisevorrang.
Aktuell sind die Bedingungen jedoch selbst für hocheffiziente Kraftwerke (z. B. GuD) nicht wirtschaftlich. Der Verkaufspreis für Strom ist schlicht zu billig, als das sich der Bau eines Kraftwerks lohnt. Die Fixkostenunterdeckung für ein neues Kohlekraftwerk beträgt fast 100 Euro/kW und für ein neues GuD-Kraftwerk über 70 €/kW.(Marktplatz Energie Nov. 2012).
Auch auf den Betrieb von KWK-Anlagen wirkt sich der sinkende Börsenpreis negativ aus. Der sog. „übliche Preis“ (Durchschnittswert Base-Load) ist eine wesentliche Komponente der Stromerstattung für BHKW-Betreiber. Der Wert schwankte in den vergangenen Jahren stark, liegt aktuell aber so niedrig, dass kaum neue BHKW-Projekte mit Einspeisung stattfinden.
Das ist eine Folge des Einspeisevorrangs. Mit der Zunahme von fluktuierenden Einspeisungen aus Wind und Sonne verringern sich die Randbedingungen für den Betrieb konventioneller Kraftwerke stark. Die Ausnutzungsdauer nimmt deutlich ab, wodurch Kraftwerke geringere Deckungsbeiträge erwirtschaften.
Die Anforderungen an die Dynamik nehmen zu, häufiges vollständiges herunterfahren und wieder anfahren und schnelle Laständerungen sind notwendig. Technisch gesehen könnte Energiespeicherung und/oder grenzüberschreitender Stromaustausch ein Weg sein, konventionelle Kraftwerke weiterhin betreiben zu können.
Einige der bisher bekannt gewordenen Positionen zur Veränderung des EEG sind nachfolgend dargestellt. Sie unterscheiden sich in die Vorschläge zur Veränderung der Vergütung und die zur Veränderung der Verteilung der Kosten.
Wirtschaftsliberale (FDP, CDU-Wirtschaftsflügel, Mundt (Präsident Bundeskartellamt), Haucap (Monopoltheoretiker)) verlangen das Quotenmodell. Dahinter verbirgt sich eine Mengensteuerung des Marktes. Erzeuger und /oder Vertriebe würden verpflichtet, eine bestimmte Menge an grünem Strom in ihr Angebot einzubauen. Die würden den Strom dann dort einkaufen, wo es am günstigsten ist. Das wird „Technologieneutralität“ genannt.
Theoretisch ist das Modell effizient und elegant. In der Praxis hat es nicht die Erfolge gezeigt, die ihm zugeschrieben werden. Die Erfahrungen in GB waren so schlecht, dass dort in 3 Stufen bis 2017 das Quotenmodell durch eine Einspeisevergütung ersetzt wird. GB hat seine politischen Ziele für den Anteil an EE immer wieder verfehlt, obwohl die Bedingungen für Windenergie sehr gut sind. Auch ist die Windenergieerzeugung in GB teurer als in Deutschland.
Auch in Schweden hat das Quotenmodell nur zur Mitverbrennung von Biomasse in konventionellen Kraftwerken mit hohen Gewinnen für die Betreiber geführt.
Felix Matthes (Öko-Institut) will eine Zwischenlösung, eine Mischung aus Festpreisen (wie bisher) und variablen Bestandteilen (Marktpreisen). Damit sollen Knappheitssignale vom Strommarkt in die EE-Vergütung einbezogen werden. Das EEG mit den Grundprinzipien Einspeisevorrang und kostenorientierte Vergütung kommt seiner Meinung nach an sein Ende. Die EEG-Vergütung sollte deutlich sinken und durch eine variable Vergütung für den Wert des erzeugten Stroms ergänzt wird.
Die derzeitige Lösung für den Erzeuger heißt: Investieren, produzieren und vergessen, das geht in Zukunft nicht mehr. Die Erzeuger müssen sich mehr um die Vermarktung des Stroms kümmern.
Juwi, Eurosolar und die LAG EE NRW konzentrieren sich mit ihren Vorschlägen auf die Vergütungen. Der Grundsatz der bundeseinheitlichen Vergütung soll fallen, Standorte mit höheren Erträgen sollten niedrigere Vergütungen erhalten. Damit sind nicht nur die guten Onshore-Standorte gemeint, sondern auch die Offshore-Erzeugung von Wind. Fallen soll auch die erst kürzlich eingeführte Managementprämie, stattdessen das Grünstromprivileg weiterentwickelt werden. Eine Korrektur der EEG-Umlage wird zwar verlangt, aber konkrete Vorschläge sind nicht bekannt.
Auch die SPD-Fraktion forderte bereits 2011 die Fortführung des Grünstromprivilegs, bei dem Stromhändler Energiemengen am EEG vorbei kaufen und vermarkten. Allerdings gab es mit dem Privileg in der früheren Form (durch das EEG 2012 deutlich erschwert) keinen Anreiz den teureren Strom aus PV-Anlagen zu kaufen.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schlägt einen „Energie-Soli“ statt der EEG-Umlage vor. Hier wird nicht am Fördersystem angesetzt, sondern nur an der Umlage. Der Energiesoli orientiert sich wie der Solidaritätszuschlag für die neuen Bundesländer am Einkommen. Damit würde sich die Belastung für Geringverdiener vermindern. Auch für Unternehmen sollte sich der Soli an der Ertragsstärke orientieren. Damit wäre die Finanzierung der Energiewende eine Haushaltsposition. Nach den Berechnungen des DIW müsste der derzeitige Soli von 5,5% der Einkommens- und Körperschaftssteuer dazu etwa verdoppelt werden.
Die Forscher des DIW sehen weiterhin Spielraum um einkommensschwache Haushalte beim Strompreis zu entlasten. Dazu haben sie drei Möglichkeiten ausgearbeitet – die zusammen nicht mehr kosten sollen, als die Umsatzsteuer auf die EEG-Umlage im kommenden Jahr einbringt:
Greenpeace hat beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) ein Konzept erarbeiten lassen, wie die EEG-Umlage gerechter verteilt und sogar noch gesenkt werden könnte. Darin wird vorgeschlagen, die Ausnahmeregelungen für die Industrie auf jene Branchen einschränken, die unter internationalem Wettbewerbsdruck stehen und Strom aus erneuerbaren Energien steuerlich begünstigen. Die Stromsteuer auf Energieträger wie Braunkohle oder Kernkraft soll erhöht und für erneuerbare Energien reduziert werden. Mit diesen Ansätzen könnte die EEG-Umlage 2013 unter dem Wert von 2012 bleiben, anstatt um von heute 3,59 Cent pro Kilowattstunde auf 2,2 Cent pro Kilowattstunde gesenkt werden. Im Jahr 2013 würde die EEG-Umlage unter dem heutigen Wert bleiben”, schreiben die Forscher.
Das Institut für ZukunftsEnergieSysteme (IZES) in Saarbrücken hat Vorschläge für ein Strommarktkonzept entwickelt, dass die EE in den Mittelpunkt stellt. Auch dieser Vorschlag stellt nicht die Veränderung der Förderung in den Mittelpunkt, sondern die Umlage der Kosten. Er geht von der Annahme aus, dass die nahezu grenzkostenfreien EE nicht über die Strombörse vermarktet werden sollen. Sie stören dort empfindlich über den Merit-Order-Effekt. Der Strom aus EE soll wie bisher bundesweit eingesammelt und zu einem gemeinsamen Erzeugungsprofil verdichtet werden. Das nationale EE-Lastprofil wird anteilig den Stromvertrieben zugeteilt. Das wäre ähnlich wie bis Ende 2009 üblich. Im Unterschied zu früher würde die Zuteilung aber auf ¼-Stunden-Basis erfolgen, nicht auf Monatsbasis. Die Vertriebe müssten selbst organisieren, wie sie die Differenz zwischen der EE-Erzeugung und dem Bedarf ihrer Kunden einkaufen. Die EEG-Umlage würde faktisch abgeschafft.
Für eine Bewertung der Vorschläge könnten unter anderem folgende Kriterien herangezogen werden:
Die Befreiung energieintensiver Industrie- und Gewerbebetrieben von Netzentgelten und EEG-Umlagen treibt die Strompreise für die nicht-privilegierten Verbrauch in die Höhe. Eine Studie im Auftrag von Greenpeace untersucht die Auswirkungen. Die Studie kommt zu dem Schluss, das eine komplette Abschaffung nicht zielführend ist. Allerdings wird deutliche Kritik an Umfang und Ausgestaltung dieser Sonderregeln geübt.
„Die Privilegien haben aktuell einen finanziellen Umfang von rund 9 Milliarden Euro pro Jahr. Sie lassen sich zusammenfassend als sehr komplex, administrativ aufwändig und inkonsistent bezeichnen, zumal keine einheitliche Definition für energie- bzw. stromintensive Unternehmen zugrunde gelegt wird.“ … „Insgesamt führen die großzügigen und pauschal formulierten Regelungen dazu, dass Unternehmen von den Ausnahmen profitieren, die auch ohne diese Maßnahmen keine Wettbewerbsnachteile zu befürchten hätten.“
Die Folgen dieser Vergünstigungen sind vielfältig: Sie senken den Anreiz Energie einzusparen, sie verursachen Wettbewerbsverzerrungen und benachteiligen die anderen Strombezieher.
Ein weiteres Fazit dieser Studie lautet, dass die absoluten Strombezugsmengen keine Aussagen über eine mögliche Wettbewerbsgefährdung zulassen.
Ein wichtiger Beitrag zur Diskussion der Energie- und Industriepolitik in Deutschland.
Hans-Peter Scheerer
Ich bin gerade zurückgekehrt vom 27. Symposium “Photovoltaische Sonnenenergie” im fränkischen Kloster Banz bei Bad Staffelstein. Die diesjährige Fachtagung war überschattet von den “Kahlschlagplänen der Bundesregierung” in der Photovoltaikförderung. Die Teilnehmer haben dort die “Staffelsteiner Erklärung” verabschiedet zu deren Mitunterzeichner ich gehöre. Die Erklärung wird in diesem Artikel im Wortlaut widergegeben.
Auf dem 27. Symposium Photovoltaische Solarenergie auf dem Kloster Banz im fränkischen Bad Staffelstein trifft sich in diesen Tagen ein Großteil der Photovoltaikbranche. PV-Fachleute aus Forschung, Industrie, Planung und Vertrieb diskutieren die aktuelle Situation der Solarbranche. Überschattet wird die diesjährige Veranstaltung von radikalen Kürzungsplänen bei den EEG-Vergütungssätzen durch die Bundesregierung. Da diese Kürzungen unerwartet und außerplanmäßig kommen, sind zahlreiche PV-Projekte akut gefährdet. Da Banken Finanzierungen stoppen, Projektierer aber bereits Leistungen erbracht haben und Handwerker ihr Material gesichert haben, drohen nun große Risiken für die Branche. Die im letzten Jahr verkündete Energiewende wird somit für viele Akteure zur Rolle Rückwärts. Mit der »Staffelsteiner Erklärung 2012« wendet sich der Tagungsbeirat sowie mitzeichnende Organisationen an Politik und Öffentlichkeit, diesen Kahlschlag zu verhindern:
»Günther Cramer (BSW), Winfried Hoffmann (EPIA), Eicke Weber (FVEE) Ralf Haselhuhn (DGS), Eckardt Günther (OTTI) und weitere Organisationen und Verbände:
1. Die Energiewende ist richtig.
Ein Energiesystem auf Basis erneuerbarer Energien und Energieeffizienz ist der einzige Weg, den wir als Industrienation haben, um unsere Sicherheit und Lebensqualität bezahlbar zu sichern. Wir bieten damit der Welt ein attraktives Beispiel, das viele Nachahmer findet.
2. Photovoltaik als wesentliche Säule der künftigen Energieversorgung
Bei der Stromerzeugung ist die Photovoltaik einer von drei Pfeilern der Energiewende – Solarstrom, Windstrom und die anderen Erneuerbaren. Sie sind die anzustrebende Zukunft und besitzen das notwendige Ausbaupotential. Photovoltaik hat bereits heute eine netzstabilisierende Wirkung und hilft, künftige Black-outs zu vermeiden, ohne dass die Höchstspannungsnetze kurzfristig ausgebaut werden müssen.
3. Photovoltaik als lohnende Investition für Deutschland
Photovoltaikstrom in Deutschland ist als Teil des EEG ein erfolgreiches Instrument für die Energiewende. Photovoltaik ist eine für die Volkswirtschaft lohnende Investition. Durch die Vorinvestition in die technische und ökonomische Entwicklung mittels EEG soll zukünftig jeder Bürger am günstigen Solarstrom profitieren.
4. Photovoltaik senkt Spitzenstrompreis
Die Photovoltaik hilft bereits heute durch die Senkung der Spitzenstrompreise an der Strombörse allen Stromkunden (Merit-Order-Effekt). Dabei profitiert insbesondere die deutsche energieintensive Industrie, weil sie von der EEG-Umlage befreit ist.
5. Gesetzesentwurf gefährdet 130000 Arbeitsplätze
Das EEG und die Photovoltaikentwicklung in Deutschland sind eine Erfolgsgeschichte ohnegleichen. Die im Gesetzesentwurf vorgeschlagenen Änderungen am EEG werden in ihrem Ausmaß wesentliche Teile der deutschen Photovoltaikwirtschaft mit 130.000 Arbeitsplätzen insbesondere im Handwerk gefährden. Die investierenden Unternehmen müssen dabei langfristig auf die Aussagen der Politik vertrauen können. Das Vertrauen der deutschen Wirtschaft in die Politik wird durch diese kurzfristig angekündigten wesentlichen Eingriffe beschädigt. Damit werden die Menschen, die über den Strompreis den Aufbau dieser Zukunftsindustrie ermöglicht haben, um den Lohn ihrer Arbeit gebracht.
6. Kein Freibrief für beliebige EEG-Änderungen
Der jetzige Gesetzesentwurf enthält eine Verordnungsermächtigung, die einem Freibrief für unkontrollierte weitere Beschränkungen gleich kommt. Dieses entzieht weiteren nachhaltigen Investitionen jegliche Grundlage: laufende Investitionen haben Probleme und künftige werden unmöglich gemacht
7. Angebot an die Politik
Die deutsche Photovoltaik-Branche sieht trotzdem in der stetigen Anpassung/Weiterentwicklung des EEG interessante Überlegungen zur Verstetigung und Marktintegration. Sie bietet der Politik an, an der Ausgestaltung des Übergangs vom EEG- Vergütungsmodell in ein zukünftiges Marktintegrationsmodell zu verhandeln, damit Deutschland seine Vorreiterrolle in der Photovoltaik verteidigt. Die produzierende deutsche Industrie muss, um konkurrenzfähig zu bleiben, mit einer an internationalen Maßstäben orientierten Industriepolitik unterstützt werden, z.B. Zugang zu Krediten für Investitionen.
Das novellierte EEG muss sorgfältig vorbereitet werden, um die Energiewende abzusichern. Es kann nicht mit heißer Nadel gestrickt und durchs Parlament gejagt werden.
Die nachstehenden 1500 Unterzeichner der „Staffelsteiner Erklärung“ (nur in der offiziellen Erklärung zu sehen) stehen für diese 7 Thesen und erwarten, das diese im demokratischen Dialog in die politische Entscheidungsfindung einfließen.«
geposted von Matthias Diehl