Bericht der “Mainspitze” zum Jubiläum des Vereins ENERGIEWENDE

Rüsselsheim 09.08.2014

Der Verein „Energiewende Rüsselsheim“ wird 25 Jahre alt

 Von Daniela Ammar

RÜSSELSHEIM – Auf sein 25-jähriges Bestehen blickt der Verein „Energiewende Rüsselsheim“. Im Oktober 1989 wurde er mit dem Ziel gegründet, sich für eine Umorientierung im Energiebereich einzusetzen. Immer wieder nahm der Verein Einfluss auf die lokale Politik, mit Vorschlägen zu verschiedenen Themen, wie nun die Vereinsmitglieder in einem Rückblick anmerkten.

Alles habe mit dem Buch „Die Energiewende ist möglich“ begonnen, berichten Mitglieder. Ein Exemplar des Buches von Peter Hennicke macht dabei die Runde und lässt Gedanken an die vergangene Arbeit der umweltbewussten Menschen, die wohl ihrer Zeit immer ein Stück voraus waren, wach werden. Lokale Anekdoten werden erzählt. Zum Beispiel die, dass die Gruppe 1992 den Neubau der Stadthalle als sogenannten Schwarzbau entlarvte. „Die Baugenehmigung für den fast voll verglasten Lassalle-Saal sah eine Wärmeschutzverglasung vor“, berichtet die Gruppe, die dies jedoch damals mithilfe eines einfachen Feuerzeuges widerlegte. Schon früh hat der Verein ein Energiekonzept für Rüsselsheim ausgearbeitet. Vieles davon scheiterte jedoch in der Umsetzung, teils am fehlenden guten Willen, teils an der Gesetzeslage, wie berichtet wird.

Land in Sicht

Einer der Höhepunkte des Vereinswirkens sei zweifelsohne der Besuch Hermann Scheers am 7. Oktober 1997 in der Stadthalle gewesen. Zeit seines Lebens engagierte sich der deutsche Politiker, der zudem Mitglied des Bundesvorstandes der SPD war, für Erneuerbare Energien. Den Atomkonsens der rot-grünen Regierung mit den Energieversorgern im Jahr 2000 bezeichnet die „Energiewende“ als Etappenziel. „Da haben wir das erste Mal Land gesehen“, ist aus den Reihen der Mitglieder zu hören. Und man habe sich sogar die Frage gestellt, ob man überhaupt noch gebraucht werde, wenn denn alles so am Laufen sei.

Doch trotz des gesellschaftlichen Umdenkens holpere es mit der Umsetzung. Noch immer werde „viel geredet und wenig getan“. Immer wieder organisiert der Verein auch für die Endverbraucher Informationsveranstaltungen, um Einzelne zu motivieren, in verschiedenen Bereichen tätig zu werden.

Langer Atem

Dass der Verein auch an seinen langjährigen Initiativen festhält, zeigt das Projekt, das den Wärmeverbund von Lachebad, GPR-Klinikum und Hochschule Rhein-Main betrifft. Bereits in den Neunzigern habe hierzu eine Initiative bestanden, die 2009 wiederauflebte, als die Stadtwerke ein Konzept zur Umsetzung vorlegten, so die Historie. Hierbei appellierte die Energiewende an alle Beteiligten, zu einem baldmöglichen Abschluss zu kommen. Sie sieht ihre Bemühungen jedoch als gescheitert. Denn statt einer Holzhackschnitzel-Anlage bestehen nun zwei – je eines am GPR-Klinikum und an der Fachhochschule – und zwar nur wenige Meter voneinander entfernt.

 Aus dem Konzept lassen sich die engagierten Mitglieder dennoch nicht bringen, denn ans Bohren dicker Bretter sei man mittlerweile gewöhnt. Im Laufe des Vierteljahrhunderts sei man natürlich mehrfach unbequem gewesen, habe dabei jedoch immer sachlich fundiert argumentieren können, lautet das Fazit. Mit Blick auf die Zukunft sind sich alle klar: „Es ist anzunehmen, dass die Energiewende noch mindestens 25 Jahre dauert und der Schritt zu 100-prozentig erneuerbarer Versorgung ein noch größerer sein wird. Dann also auf die nächsten 25 Jahre.

Bericht des “Rüsselsheimer Echos” über die Jubiläumsfeier von ENERGIEWENDE

Fachleute und Energieaktivisten im Gespräch. Von links: Gründungsmitglied von Energiewende, Hans Peter Scheerer, Uwe Fritsche, Bettina Brohmann, Aribert Peters und Heike Muster.  Foto:

Fachleute und Energieaktivisten im Gespräch. Von links: Gründungsmitglied von Energiewende, Hans Peter Scheerer, Uwe Fritsche, Bettina Brohmann, Aribert Peters und Heike Muster.  
 
Am Samstag feierte der Verein Energiewende im Naturfreundehaus sein 25-jähriges Bestehen.

Bei Grillgut und selbstgemachten Salaten kam neben dem freudigen Anlass die Ernsthaftigkeit nicht zu kurz.

Dafür sorgten auch die drei Gastredner, die als prominente Vertreter des Kampfes für die Energiewende angekündigt worden waren. Neben Aribert Peters vom Verein „Bund der Energieverbraucher e. V.“ und Bettina Brohmann, Forschungskoordinatorin der „Transdisziplinären Nachhaltigkeitswissenschaften” am Ökoinstitut in Darmstadt, sprach Uwe Fritsche vom Internationalen Institut für Nachhaltigkeitsanalyse und Strategien Darmstadt.

Fritsche betonte, die Einsparungen durch Wärmedämmung und andere Energiemaßnahmen lohnten sich erst richtig, wenn der Nega-Energie Markt ausgebaut werde. Dies bedeutet, dass zuerst Geld investiert werden muss – zum Beispiel in die Förderung von Energiemaßnahmen – um dann schlussendlich Kosten zu sparen und so eine negative Energiebilanz zu belohnen. „Wir stehen jetzt vor der Herausforderung, das atomare Erbe abzuwickeln”, sagte Fritsche. Dabei sei die Energiewende eine planetare Aufgabe, die die Länder nur gemeinsam meistern könnten.

Ein drastisches Umdenken sei dabei aktuell vor allem auch in Frankreich und Japan im Gange. Die Energiewende könne allerdings nicht nur durch Regierungen umgesetzt werden. Bürgergruppen, wie die Rüsselsheimer Energiewende hätten dabei einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. „Wir dürfen uns hier in Deutschland nicht mit dem Ausstieg aus der Atomenergie zufriedengeben. Wir müssen weitere Forderungen nach Wiesbaden und nach Berlin schicken“, forderte Fritsche.

Auch Aribert Peters wies auf die Wichtigkeit von Bürgerinitiativen hin. „Denken sie an den Energiepreisprotest in 2013, als ganz Deutschland gegen die überhöhten Preisforderungen der Energieanbieter mobilgemacht hat”. Die Initiative sei sehr erfolgreich gewesen und habe den Bürgern mehrere Hundert Millionen Euro gespart.

Für die Zukunft sei es wichtig, auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzusteigen, sagte Heike Muster, erste Vorsitzende der Rüsselsheimer Energiewende. Ängste, dass die Bereitstellung von Energie so nicht gewährleistet ist, seien unbegründet. Muster erklärte: „Es gibt unzählige Studien, die klar beweisen, dass der komplette Umstieg auf erneuerbare Energien ohne Probleme machbar ist.” In ganz Europa sei dies sogar umsetzbar, sofern ein garantierter Stromaustausch zwischen den Ländern stattfände.

Zur Kommunikation zwischen der aus etwa 30 Mitgliedern bestehenden Energiewende-Gruppierung und der Lokalpolitik beziehungsweise der Rüsselsheimer Stadtverwaltung sagte Heike Muster, es seien noch einige Wünsche offen. „Wir möchten noch viele Projekte umsetzten. Dazu gehört auch die energetische Sanierung städtischer Gebäude oder die Stärkung des innerstädtischen Fußgänger- und Radfahrerverkehrs”.

Die Zukunftsperspektive für die nächsten 25 Jahre fasst Muster wie folgt zusammen: „Wir wollen den kompletten Umstieg auf erneuerbare Energien ohne Komfortverlust, aber auch dadurch, dass weniger Energie verbraucht wird.”

EEG-Novelle – so wird sie aussehen

Energiewende Rüsselsheim e.V. wird sich dem Thema EEG-Novelle in seiner nächsten offenen Vorstandssitzung am 07. August 2014 widmen.

Der Bundestag hat am 27. Juni die Reform des EEG verabschiedet. Viele der Wünsche, die von den Bundesländern, Bürgerinitiativen und Vertretern der Erneuerbare Energien-Branche geäußert wurden, sind nicht erhört worden. Sollte der Gesetzentwurf wie erwartet vom Bundesrat beschlossen und von der EU-Kommission notifiziert werden, tritt es am 01. August 2014 in Kraft.

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EuGH-Urteil zu nationalen Fördersystemen für erneuerbare Energien

Die nationalen Förderungen für die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen, die per EU-Richtlinie möglich sind, müssen ausländischen Stromimporteuren nicht gewährt werden. Das hat nun der Europäische Gerichtshof in Luxemburg per Grundsatz-Urteil bestätigt.

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Nur noch wenige Tage bis zum EEG-Reformbeschluss

Viele Änderungsvorschläge aus der Stellungnahme Bundesrat, unter anderem zur Eigenstromerzeugung, zum Ausschreibungsverfahren und zur Stichtagsregel, wurden in der Gegenäußerung der Bundesregierung abgelehnt, und auch die Meinung der im Bundestag angehörten Experten, durch das neue EEG würden die deutschen Klimaschutzziele verfehlt, scheinen wenig Umdenken auszulösen.

Nun plant die Bundesregierung sogar, dass ALLE Eigenerzeuger, also auch solche die kleine PV-Anlagen auf dem Dach planen, künftig 40% EEG-Umlage zahlen müssen (siehe F.A.Z.-Artikel). Der Trend zur Eigenversorgung ist offensichtlich nicht gewünscht. Allerdings werden nun auch Großverbraucher gleichwertig in die Pflicht genommen.

Die EEG-Novelle soll am 27. Juni im Bundestag beschlossen werden. Noch ist es möglich, die Abgeordneten vorab per Email in dieser Angelegenheit zu kontaktieren, z.B. über die Seite des BUND.

 

 

http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2014/eeg-novelle/281434