Bericht der “Mainspitze” vom Jubiäum des Vereins ENERGIEWENDE

Rüsselsheim 11.08.2014

Mitglieder der „Energiewende Rüsselsheim“ feiern ihr 25-Jähriges

Gründungsmitglied Hans-Peter Scherer (links) eröffnet den Abend.<br /><br />
	Foto: Vollformat / Volker DziemballaVon Julia Bork

RÜSSELSHEIM – „Zusammen machen wir uns für die Energiewende stark!“. Mit diesen Worten leitete Dr. Uwe Fritsche, wissenschaftlicher Leiter des „Internationalen Instituts für Nachhaltigkeitsanalysen und -strategien“, am Samstagabend seinen Vortrag bei der Jubiläumsfeier der „Energiewende Rüsselsheim“ ein. Der Verein besteht nun seit 25 Jahren, das wurde im Haus des Vereines „Naturfreunde“ gefeiert.

Auch Rückschläge

In den ersten 25 Jahren ist einiges geschehen – darunter Positives, aber auch Negatives in Bezug auf die Energiewende. Der Verein musste einige Rückschläge einstecken: Die geforderte Wärmeenergieverglasung beim Anbau an die Stadthalle 1991 wurde bis jetzt nicht erfüllt. Damals hat der Verein die Fenster als Schwarzbau entlarvt, da diese so nicht im abgesprochenen Plan vorhanden gewesen waren, allerdings wurde von der Stadtverwaltung nicht weiter dagegen vorgegangen, resümierte Gründungsmitglied Hans-Peter Scheerer.

Trotz der Rückschlage würden die Mitglieder weiterhin den Finger in die Wunde halten, denn es seien ebenfalls einige Erfolge festzustellen. Der Kampf für den Ausstieg aus der Atomenergie sei so gut wie gewonnen, da das Negativbeispiel „Fukushima“ im Jahr 2011 Bände sprach. Seitdem setzt sich die Bundesregierung vermehrt für erneuerbare Energien ein. Die Gruppen, die sich für die Energiewende einsetzen, seien weltweit vernetzt und unterstützen sich zunehmend, sagte Dr. Bettina Brohmann, Forschungskoordinatorin für „transdisziplinäre Nachhhaltigkeits-Ökowissenschaften“.

Ein langfristiges Ziel sei es, den Umweltpreis zu erhalten und die dadurch gewonnenen Millionen ins Energiesparen zu stecken, um einen nachhaltigen Ertrag sichern zu können. Statt das Geld auf die Bank zu bringen, sollten es die Bürger in erneuerbare Energien investieren, forderte Fritsche. Die internationale Arbeit sei ebenfalls von elementarer Wichtigkeit, da die Energiewende eine „globale Transformation“ darstelle.

Mit Wärmebildkameras, die an Privatverbraucher verliehen werden, können diese ihren Energieverbrauch genau nachverfolgen und an den richtigen Stellen Geld und Strom sparen. Weit verbreitet sei der Irrtum, dass Strom aus Wind- oder Sonnenenergie nicht „echt“ sei. Dieses Fehldenken gelte es auch zu beseitigen, erklärte Dr. Aribert Peters, Vorsitzender des „Bundes der Energieverbraucher“ und Redaktionsleiter der Zeitschrift „Energiedepesche“.

 Die drei prominenten Gäste sind alle ebenfalls in der Umweltbranche unterwegs und informierten die 35 Anwesenden in kurzen Vorträgen. Das Grill- und Salatbuffet wurde eröffnet und es fand ein Quiz mit Fragen zum Thema Klima, Energie oder Verbraucheralltag statt. Als Preis gab es einen Futterkorb mit Bio-Waren oder eine Solar-LED-Taschenlampe zu gewinnen. Ab 21 Uhr spielten Erich Göbel und sein „Little Jazz Trio“.

Bericht des “Rüsselsheimer Echos” über die Jubiläumsfeier von ENERGIEWENDE

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Fachleute und Energieaktivisten im Gespräch. Von links: Gründungsmitglied von Energiewende, Hans Peter Scheerer, Uwe Fritsche, Bettina Brohmann, Aribert Peters und Heike Muster.  
 
Am Samstag feierte der Verein Energiewende im Naturfreundehaus sein 25-jähriges Bestehen.

Bei Grillgut und selbstgemachten Salaten kam neben dem freudigen Anlass die Ernsthaftigkeit nicht zu kurz.

Dafür sorgten auch die drei Gastredner, die als prominente Vertreter des Kampfes für die Energiewende angekündigt worden waren. Neben Aribert Peters vom Verein „Bund der Energieverbraucher e. V.“ und Bettina Brohmann, Forschungskoordinatorin der „Transdisziplinären Nachhaltigkeitswissenschaften” am Ökoinstitut in Darmstadt, sprach Uwe Fritsche vom Internationalen Institut für Nachhaltigkeitsanalyse und Strategien Darmstadt.

Fritsche betonte, die Einsparungen durch Wärmedämmung und andere Energiemaßnahmen lohnten sich erst richtig, wenn der Nega-Energie Markt ausgebaut werde. Dies bedeutet, dass zuerst Geld investiert werden muss – zum Beispiel in die Förderung von Energiemaßnahmen – um dann schlussendlich Kosten zu sparen und so eine negative Energiebilanz zu belohnen. „Wir stehen jetzt vor der Herausforderung, das atomare Erbe abzuwickeln”, sagte Fritsche. Dabei sei die Energiewende eine planetare Aufgabe, die die Länder nur gemeinsam meistern könnten.

Ein drastisches Umdenken sei dabei aktuell vor allem auch in Frankreich und Japan im Gange. Die Energiewende könne allerdings nicht nur durch Regierungen umgesetzt werden. Bürgergruppen, wie die Rüsselsheimer Energiewende hätten dabei einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. „Wir dürfen uns hier in Deutschland nicht mit dem Ausstieg aus der Atomenergie zufriedengeben. Wir müssen weitere Forderungen nach Wiesbaden und nach Berlin schicken“, forderte Fritsche.

Auch Aribert Peters wies auf die Wichtigkeit von Bürgerinitiativen hin. „Denken sie an den Energiepreisprotest in 2013, als ganz Deutschland gegen die überhöhten Preisforderungen der Energieanbieter mobilgemacht hat”. Die Initiative sei sehr erfolgreich gewesen und habe den Bürgern mehrere Hundert Millionen Euro gespart.

Für die Zukunft sei es wichtig, auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzusteigen, sagte Heike Muster, erste Vorsitzende der Rüsselsheimer Energiewende. Ängste, dass die Bereitstellung von Energie so nicht gewährleistet ist, seien unbegründet. Muster erklärte: „Es gibt unzählige Studien, die klar beweisen, dass der komplette Umstieg auf erneuerbare Energien ohne Probleme machbar ist.” In ganz Europa sei dies sogar umsetzbar, sofern ein garantierter Stromaustausch zwischen den Ländern stattfände.

Zur Kommunikation zwischen der aus etwa 30 Mitgliedern bestehenden Energiewende-Gruppierung und der Lokalpolitik beziehungsweise der Rüsselsheimer Stadtverwaltung sagte Heike Muster, es seien noch einige Wünsche offen. „Wir möchten noch viele Projekte umsetzten. Dazu gehört auch die energetische Sanierung städtischer Gebäude oder die Stärkung des innerstädtischen Fußgänger- und Radfahrerverkehrs”.

Die Zukunftsperspektive für die nächsten 25 Jahre fasst Muster wie folgt zusammen: „Wir wollen den kompletten Umstieg auf erneuerbare Energien ohne Komfortverlust, aber auch dadurch, dass weniger Energie verbraucht wird.”