Die Kosten der Atomenergie

Die wahren Kosten der Atomenergie sind bis heute weitgehend unbekannt.

Die Atomenergie wurde, wird bis heute und wird in der Zukunft mit riesigen Summen subventioniert. Von 1950 bis 2010 wurden (in Preisen von 2010) über 80 Mrd. staatliche Finanzhilfen gewährt und es fielen fast 70 Mrd. Steuerausfälle durch Rückstellungen an. Das sind umgerechnet 3,2 Ct/kWh. Auf die voraussichtliche Restlaufzeit hochgerechnet, werden weitere ca. 9 Mrd. € an staatlichen Finanzhilfen und weitere ca. 50 Mrd. € an Steuerausfällen durch Rückstellungen anfallen.

Interessant ist auch eine Zahl zu den Anlaufkosten neuer Energieformen: In den ersten 20 Jahren der Atomenergie (1950 bis 1969) betrugen die Subventionen (zu heutigen Preisen) über 100 Ct/kWh Atomstrom (!).

Diese Zahlen stammen aus einer Studie des Forum Ökologisch-soziale Marktwirtschaft von 2010 Studie im Auftrag von Greenpeace.

In den von mir o. g. Zahlen nicht enthalten sind Emissionshandelsvorteile, Wettbewerbsvorteile und theoretische Steuerausfälle, die die Autoren der Studie noch hinzugerechnet hatten. Auch sind die tatsächlichen Kosten, z. B. der Sanierung der Atomanlagen in Asse, Karlsruhe und Jülich noch weitgehend unbekannt. Weiterhin sind erhebliche Kosten nicht berücksichtigt, wie Polizeieinsätze, Teile der Atomverwaltung, Katastrophenschutz usw. Somit könnten die wahren Kosten der Atomenergie auch noch höher liegen. Die Kosten für einen Super-GAU sprengen ohnehin jeden Rahmen.

Was ist mit den wirtschaftlichen Vorteile der Atomenergie?

In einer Untersuchung für das Bundesministerium für Wirtschaft („Die Entwicklung der Energiemärkte bis 2030“) wird prognostiziert, dass die Laufzeitverlängerung das BIP (Brutto-Inlands-Produkt) erhöht. Allerdings schwanken die Werte selbst in den entgegen gesetzten Szenarien (60 Jahre AKW-Laufzeit einerseits, Ausstieg andererseits) in 2030 nur um etwa 4% (entspricht ca. 110 Mrd. €). Vereinfacht bedeutet das einen Vorteil von 0,2% pro Jahr, was im Rahmen der sonstigen Unwägbarkeiten keine allzu deutliche Aussage darstellt. Voraussetzung hierfür ist, dass die errechneten Vorteile auch bei den Kunden ankommen, also ein funktionierender Wettbewerb herrscht. An den scheint allerdings die Bundesregierung auch nicht zu glauben, weshalb sie eine Markttransparenzstelle einrichten will.

Selbst wenn der unterstellte Vorteil im BIP bei 100 Mrd. € liegt, dann ist die Atomenergie immer noch kein Nullsummenspiel im Vergleich zu den geschätzt 200 Mrd. € die bis dahin an Subventionen und Steuerausfällen zusammenkommen.

Die Zukunft der Atomenergie

Es war in der Vergangenheit so und ist auch aktuell noch so, dass AKW ohne staatliche Subventionen nicht funktionieren. Diese Auffassung vertrat 2006 Fatih Birol, der Chefökonom der Internationalen Energie Agentur, diese Auffassung vertraten auch die Analysten der Citibank in einer Studie 2010 („New Nuclear – The Economics says no“).

Ein gutes Beispiel für diese Aussage ist auch der als „Renaissance der Kernenergie“ gefeierte Reaktorneubau Olkiluoto in Finnland. Das Paradeprojekt des EPR (European Pressurized Water Reactor) hatte Baubeginn im Sommer 2005. Die Bauzeitverzögerungen sind erheblich: Aktuell sind es 4 Jahre, statt 2009 soll nun erst 2013 Strom produziert werden. Die Kostenüberschreitung betragen über 100% (>6 statt 3 Mrd. €), was insbesondere bei Siemens zu erheblichen Rückstellungen geführt hat.

Nicht viel besser ist der Neubau von Flamanville in Frankreich (ebenfalls EPR). Die Kostensteigerung nach einem Jahr Bauzeit betrug bereits 20% (800 Mio. €).

Fazit

Atomenergie ist eine Technik, die auch nach 60 Jahren nicht ohne staatliche Subventionen auskommt. Die Laufzeitverlängerung ist ökonomisch eine Bluttransfusion, die das natürliche Ende des Patienten hinauszögert.

Hans-Peter Scheerer

 

Atomkraft bremst die Energiewende

Um die Energiepolitik sowohl der Bundesregierung als auch des Kreises Groß-Gerau ging es bei einer Veranstaltung des Vereins Energiewende in der Stadthalle. Er hatte zu der Veranstaltung „Energiekonzepte im Vergleich“ eingeladen, um die Öffentlichkeit über die aktuellen Entwicklungen zu informieren.

Günter Schork, Landtagsabgeordneter der CDU, erläuterte zunächst das kürzlich von der Bundesregierung verabschiedete Energiekonzept. Anschließend präsentierte Walter Astheimer, neuer Erster Kreisbeigeordneter, das Energiekonzept des Kreises Groß-Gerau. „Wir wollen so schnell wie möglich weg von der Atomenergie“, betonte der Grüne. Der Kreistag habe beschlossen, dass der Anteil an erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2020 auf 30 Prozent ansteigen soll. „Momentan liegen wir bei 1,6 Prozent“, sagte er.

lesen Sie den vollständigen Bericht zur Veranstaltung von Energiewende Rüsselsheim e.V. auf der Seite der Mainspitze

lesen Sie hier den Bericht des Rüsselsheimer Echo

 

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Das Energiekonzept der Bundesregierung findet man hier …

Das Energiekonzept des Kreises Groß Gerau findet man hier …

Stellungnahme zur Atompolitik der Bundesregierung:

Kein Ausstieg aus dem Ausstieg!

 

Atomkraft sei eine Brückentechnologie ins solare Zeitalter, haben Union und FDP vor der Bundestagswahl um Wählerstimmen geworben. Nun zeigt sich, dass sie über ihre Strategie gelogen haben.

Ein kürzlich bekannt gewordenes Papier der Bundesregierung befasst sich mit den Energieszenarien, die drei Wirtschaftsforschungsinstitute derzeit für die Bundesregierung ausarbeiten und die die Basis für das so genannte nationale Energiekonzept bilden sollen. Aus den Vorgaben an die Institute geht hervor, dass die Laufzeitverlängerung politisch gesetzt werden soll. Im Erwägung sind zusätzliche Laufzeiten von bis zu 28 Jahren! Der Ausbaugrad der Erneuerbaren Energien oder der Einsatz von Effizienztechnologien wie Kraft-Wärme-Kopplung sollen sich als Resultate aus den unterschiedlichen Reaktorlaufzeiten ergeben.

Als entscheidende Größe zur Bewertung der Szenarien-Rechnungen beschränkt sich die Bundesregierung auf sich vermeintlich ergebende „gesamtwirtschaftliche Effekte“. Die Risiken der Atomenergie oder Rückwirkungen auf die Entwicklung des Wettbewerbs im Energiemarkt sollen keine Rolle spielen.

„Die Bundesregierung ist offenbar entschlossen, ihr nationales Energiekonzept um die politisch gewollte Laufzeitverlängerung für alternde Atomkraftwerke herum zu stricken. Die Qualifizierung der Atomkraft als Brückentechnologie erweist sich als reines Gerede zur Vernebelung der tatsächlichen Absichten“, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Mit dieser Art von Berechnung steht das Ergebnis praktisch schon vorher fest. Jetzt hat sich also endgültig herausgestellt, dass es der Bundesregierung mit dem Energiekonzept nicht etwa um eine offene Suche nach der besten zukunftsfähigen Energiepolitik geht. Sondern einzig und allein um die Durchsetzung möglichst langer Laufzeiten für Atomkraftwerke.

Doch jetzt durchkreuzen ausgerechnet die eigenen Berater die PR-Strategie der Regierung: Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), ein Beratungsgremium der Bundesregierung, hat mit aktuell vorgestellten Szenarien für eine regenerative Energieversorgung bestätigt, dass eine vollständige Versorgung Deutschlands mit Strom erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2050 möglich sei. Und zwar sowohl ohne längere AKW-Laufzeiten als auch ohne neue Kohlekraftwerke. „Die Brücke zu den erneuerbaren Energien steht bereits“, so der Energieexperte des Rates, Prof. Dr. Olaf Hohmeyer. Aber die Bundesregierung kürzt und streicht die Förderung für die erneuerbaren Energien, um die enormen Gewinne der 4 Atomstromkonzerne noch weiter zu steigern.

ENERGIEWENDE kritisiert das Vorgehen der Bundesregierung heftig. Die atomare Gefahr, die in unserer unmittelbaren Nähe von dem uralten “TschernoBiblis” ausgeht, wird durch die längere Laufzeit potenziert. Zu allem Überfluss gibt es bis heute noch kein Konzept für die Endlagerung. Die atomaren Abfälle werden am Atomkraftwerk zwischengelagert. “Wenn absichtlich oder unabsichtlich ein Flugzeug auf das älteste noch laufende AKW in Deutschland fällt oder ein anderer Unfall passieren sollte, wäre das gesamte Rhein-Main- Neckar -Gebiet über Jahrzehnte unbewohnbar,” empört sich die Vorsitzende Heike Muster. Atomstrom ist nicht billiger. Alle externen Kosten werden der Allgemeinheit und den Steuerzahlern aufgebürdet.

Am 24. April haben im südhessischen Biblis über 20.000 Menschen das AKW Biblis umzingelt und für die Stilllegung der Atomkraftwerke demonstriert. Bei dieser größten Demonstration der letzten Jahre waren viele junge Menschen. Das zeigt, ein Comeback der Atomkraft findet bei der Bevölkerung keine Mehrheit.