Biogas vs. Photovoltaik – Kosten und Flächen

Ein erster Vergleich von Biogasanlagen mit Photovoltaikanlagen wurde im Energiewendeblog bereits angerissen (https://energiewende-ruesselsheim.de/photovoltaik-statt-biomasse). Insbesondere auf Google+ hat sich eine aktive Diskussion dazu entwickelt. Man hat dem Autor damals finanzielle Absichten unterstellt und eine Spaltung der EE-Befürworter befürchtet. Dennoch oder gerade deswegen wollen wir die Angelegenheit vertiefen.

Dazu hat der Verein Energiewende e. V. im Juli 2012 eine Biogasanlage besichtigt. Die Anlage in Wallerstädten im Landkreis Groß-Gerau ist im Besitz der Stadtwerke Groß-Gerau-Versorgungsbetriebe (GGV) und seit 2008 in Betrieb. Eine Beschreibung der Anlage ist hier zu finden. Dem Anlagenbetreiber ist es gelungen, den Anteil von Mais an den Einsatzstoffen von ursprünglich fast 100% auf mittlerweile ca. 60% zu reduzieren. Auf 300 ha Fläche werden nachwachsende Rohstoffe  angebaut. Die Landwirte werden bei der Auswahl der Einsatzstoffe beraten. Ca. 20.000 bis 24.000 t Biomasse gelangen pro Jahr in die Anlage. Ca. 70% der Einsatzstoffe verlassen das System wieder als Wirtschaftsdünger, der Rest wird in Biogas umgewandelt.

Aus dem Biogas werden jährlich ca. 8,0 bis 8,5 Mio. kWh Strom erzeugt und eingespeist. Die Wärmenutzung im angeschlossenen Trocknungsbetrieb führt dort zu einer Reduzierung des Heizölverbrauchs um 90.000 bis 300.000 l/a, je nach Produktion. Durch die Nutzung zumindest eines Teils der überschüssigen Wärme liegt der Gesamtnutzungsgrad bei ca. 50-60% bezogen auf das eingesetzte Biogas.

Der persönliche Eindruck von den für den Betrieb verantwortlichen Personen war überzeugend. Die Notwendigkeiten der Landwirtschaft, der Umwelt und des Unternehmens werden  verantwortungsvoll und kompetent ausbalanciert.

Energiewirtschaftlich produziert die Anlage im wesentlichen Grundlaststrom. Versuche einer eher bedarfsorientierten Erzeugung wurden unternommen, jedoch gibt es wirtschaftlich keine Gründe dafür, da z. B. Spitzenstrom aktuell nicht wesentlich besser bezahlt wird als Grundlaststrom. Da es keinen Gasspeicher auf der Anlage gibt, wäre ohnehin nur eine begrenzte Reduzierung der Stromproduktion möglich, da die biologischen Prozesse die das Gas erzeugen, nur sehr träge regelbar sind. Biogas aus Anlagen ohne Gasspeicher oder Gaseinspeisung kann also als Ersatz für Grundlastkraftwerke genutzt werden, nicht jedoch zur Kompensation der fluktuierenden Erzeugung aus Sonne und Wind.

Im Nachgang zum Besuch wurden mit den Daten der Anlage ein weiterer Vergleich zu einer PV-Anlage gleicher Fläche gewagt
(s. Biogasanlage_vs_PV_Kostenvergleich_hps_20120720).
An den früheren Einschätzungen zur Flächeneffizienz (s. o.) hat sich nichts geändert. Auf der gleichen Fläche ließe sich mit PV ungefähr das 15-fache an Energie erzeugen.

Neu ist eine Kostenbetrachtung, die nur näherungsweise durchgeführt wurde, da uns der Betreiber der Biogasanlage keine Daten zur Wirtschaftlichkeit der Anlage gab. Das Ergebnis zeigt Erzeugungskosten von ca. 113 €/MWh für die Biogasanlage und ca. 95 €/MWh für die Mega-PV-Anlage. Auch hier ergibt sich ein Vorteil für PV.

Betrachtet wurden für die Biogasanlage nur die wesentlichen Kostenblöcke Kapitalkosten, Biomasse, BHKW-Wartung und ein geringer Personalaufwand. Bei den Schätzung der Wartungskosten von sehr großen PV-Anlagen waren wir auf Extrapolationen angewiesen. Der sehr viel höhere (75-fach) Kapitalbedarf macht die Kostenrechnung für die PV-Anlage sehr stark abhängig von den Zinsen. Ich bin von 5% ausgegangen. Ausreichende Sicherheiten vorausgesetzt, lassen sich derzeit deutlich niedrigere Zinsen erzielen.

Bleibender Vorteil für die Biogasanlage ist die gleichförmige Stromproduktion, die im Wesentlichen von der Zuverlässigkeit der Gasmotoren abhängt. Interessant wäre ein Carbon-Footprint beider Techniken, hier sind andere aufgerufen einen Vergleich zu erstellen.

Hans-Peter Scheerer