Wie gross ist der Speicherbedarf bei schneller Umsetzung der Energiewende mit Photovoltaik und Windenergie?

Professor Volker Quaschning von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin hat in einem sehr schönen Artikel einmal aufgezeigt, wie groß unser Bedarf an Stromspeichern sein wird, wenn die Energiewende konsequent umgesetzt werden soll.

Er hat eine Simulationsrechnung durchgeführt und geht dabei von 200GWp Photovoltaik und jeweils 50GW Offshore- und 50GW Onshore Windenergie aus. Insgesamt käme man damit auf eine Deckung von 80% des Strombedarfs mit Erneuerbaren Energien. Der Speicherbedarf ist allerdings nicht unerheblich und wird – wie auch schon von Eduard Heindl, dem Erfinder des Lageenergiespeichers, vorgerechnet – nicht mit neuen Pumpspeicherwerken realisierbar sein. Professor Quaschning kommt auf einen Speicherbedarf in der Größenordnung von 30TWh, was dem 750 fachen der derzeit verfügbaren Kapazität entspricht. Es dürfte daher klar sein, dass auf dem Gebiet der Stromspeicherung entschlossenes Handeln dringend erforderlich ist. Wie auch hier im Blog bereits mehrfach thematisiert, schlägt Professor Quaschning hierfür die Kopplung des Stromnetzes mit dem Erdgasnetz vor. Das dürfte die Schlüsseltechnologie sein, um die Ziele zu erreichen.

Photovoltaik statt Biomasse

Mit Biomasse kann man zwar Strom immer dann erzeugen wenn er gebraucht wird, von diesem Vorzug wird allerdings derzeit kein Gebrauch gemacht. Biomasseanlagen speisen wie Photovoltaik- und Windenergieanlagen einfach ins Netz ein. Dafür sind die Flächennutzungsgrade der Biomasse aber eigentlich zu schlecht.

Beispiel: In diesem Artikel im Tagesspiegel wird berichtet, dass in Deutschland inzwischen von 12 Mio Hektar (1 Hektar = 10.000 m²) 2,3 Mio Hektar für Energiepflanzen genutzt werden.
Um die Größenordnung besser einschätzen zu können, habe ich mir mal die Mühe gemacht auszurechnen wie viel Strom man auf der gleichen Fläche mit Photovoltaikanlagen erzeugen könnte. Hier die Rechnung:
Für Biomasse genutzte Fläche: 2.300.000 * 10.000 m² = 2,3E^10m²
Wenn man eine Freiflächen Photovoltaikanlage im 15° Winkel nach Süden ausrichtet, kann man etwa die Hälfte der Fläche mit Modulen belegen.
Nutzbare Modulfläche: ca. 1,15E^10m².
Belegt man diese Fläche mit Solarmodulen mittlerer Leistung, kommt man auf einen Flächenbedarf von ca. 8m²/kWp.
Daraus ergibt sich eine Photovoltaikleistung von: 1,15E10m²/8 = 1.437.500.000 kWp. (1,437 TWp)
Geht man von einem mittleren Ertrag von 900kWh/kWp aus (das ist für Deutschland sicherlich ein realistischer Wert), kommt man auf eine jährliche Energiemenge von:
1.437.500.000 kWp * 900kWh/kWp = 1.293.750.000.000 kWh
Um die Zahl etwas griffiger zu machen hier noch ein paar Umrechnungen:
1.293.750.000.000 kWh
1.293.750.000 MWh
1.293.750 GWh
1.293,75 TWh

Die auf die Fläche bezogene Energieausbeute bei Solarstromnutzung beträgt: 1.293.750.000.000 kWh/2,3E^10m² = 56,25kWh(Strom)/m²

Zum Vergleich, der Strombedarf in Deutschland:

Teilt man 604/1.293,75 = 0,4668.

Das bedeutet: Auf 46,68% der im Moment für Energiepflanzen genutzten deutschen Anbaufläche könnte man die gleiche Menge Strom erzeugen, wie die, die derzeit (Stand 2010) in Deutschland verbraucht wird.

Nun ist Solarstrom ja nicht immer verfügbar. Um Solarstrom zu speichern, könnte man z.B. mit dem Power to Gas Prozess synthetisches Methan erzeugen. Das Methan könnte man speichern und dann wieder zu Strom machen wenn er benötigt wird. Die Umwandlung von Strom in Methan erfolgt derzeit mit einem Wirkungsgrad von ca. 60%. Die Rückverwandlung von Methangas in Gaskraftwerken erfolgt mit einem Wirkungsgrad von ca. 50%. Moderne Brennstoffzellen schaffen sogar 60%. Setzt man voraus, dass die gesamte Energiemenge über den Speicher gegangen ist (worts case) (was nicht zutrifft, da ein Teil des erzeugten Solarstromes direkt verbraucht werden könnte) erhält man die notwendige Strommenge:

604TWh/(0,6*0,5) = 2013,33TWh.

Das bedeutet: Nutzt man den Power to Gas Prozess zur Energiespeicherung und die im Moment (2011) bereits für Energiepflanzen genutzte Fläche und erntet dort Solarstrom, so kann man mit diesem bereits 1.293,75/2013,33 = 0,6425 also 64 % des deutschen Strombedarfs decken.

Erfolgt die Rückverwandlung des synthetischen Methans in Strom in Kraft Wärmekopplung, können sogar noch erhebliche Teile der oben eingerechneten 50% Verluste in Form von Wärme genutzt werden.

Nutzt man statt dem Power To Gas Prozess den Lageenergiespeicher von Eduard Heindl, so erreicht man sogar Speicherwirkungsgrade von etwa 80%. Bei gleichen Voraussetzungen wie oben (die gesamte Energie geht über den Speicher) bräuchte man dann eine Strommenge von 604TWh/0,8 = 755 TWh.

Das bedeutet: Mit Lageenergiespeichern würden bereits 755/1293,75 = 0,5836 also 58% der im Moment bereits für Energiepflanzen genutzten landwirtschaftlichen Fläche ausreichen um Deutschland vollständig mit Solarstrom zu versorgen.

Um einschätzen zu können wie effektiv die energetisch genutzten landwirtschaftlichen Flächen derzeit genutzt werden, habe ich mal ausgerechnet, wie viele kWh Strom man erzeugen könnte, wenn man Raps anbaut und das Rapsöl anschließend verstromt:

Die Ausbeute liegt laut dieser Quelle bei etwa 3 Mio Tonnen Rapsöl auf 2,4 Mio Hektar.
Rechnet man um sind dies 3.000.000.000kg auf 2.400.000*10.000m² = 2,4E^10m² >> 0,125kg/m²
Die auf die Fläche bezogene Energieausbeute bei Rapsöl beträgt: 0,125kg/m²*10kWh/m² = 1,25kWh(Öl)/m²
Würde man mit diesem Rapsöl nun Strom erzeugen (um mit der Photovoltaiknutzung vergleichen zu können) könnte man dies in einem Verbrennungsmotor mit einem Wirkungsgrad von ca. 25-30% tun. (Bei Kraft Wärmekopplung könnte natürlich auch hier die Brennstoffausnutzung noch verbessert werden.)
Dadurch verringert sich die Energieausbeute bei Rapsölnutzung auf: 1,25*0,3=0,375kWh/m² (gegenüber 56,25kWh/m² bei der Photovoltaik)

Ich möchte am Ende der Überlegungen noch darauf hinweisen, dass es sich natürlich nur um Modellrechnungen handelt, um ein Gefühl für die Größenordnungen zu erhalten. Es gibt neben der Photovoltaik schließlich auch noch die Windenergie, die Wasserkraft und die Geothermie um regenerativ Strom zu erzeugen.

Man kann jedoch sicherlich die Aussage treffen, dass eine photovoltaische Nutzung von Flächen, für die Energieerzeugung wesentlich effizienter ist, als der Anbau von Energiepflanzen.

geposted von Matthis Diehl

In Google Plus hat sich eine interessante Diskussion zu dem Thema dieses Blogbeitrages entwickelt.

Griechenland und der Solarstrom

Ich habe gerade wieder einmal eine Radiomeldung gehört, in der großmundig verkündet wurde man wolle Griechenland jetzt retten in dem man dort große Solarparks baue und den Strom anschließend nach Nordeuropa liefere.

Energiekommisar Öttinger verkündete, dass es ja viel sinnvoller sei in Griechenland Solarstrom zu erzeugen als in Deutschland und dass man in Griechenland etwa die doppelte Sonneneinstrahlung habe.
Dass diese Argumentation einer kritischen Überprüfung nicht stand hält, sollte sich eigentlich inzwischen auch schon bis zum Energie Kommissar der EU herumgesprochen haben.
Ich habe mir mal den Spaß erlaubt zwei Ertragsberechnungen für Solarstromanlagen durchzuführen:
  1. für die griechische Stadt Irakleon auf der weit im Süden gelegenen Insel Kreta
  2. für die Gemeinde Tegernsee in Bayern.
Ergebnis: Auf Kreta kann man mit einem Solarertrag von 1440kWh/kWp rechnen und am Tegernsee sind es 1180kWh/kWp.
In Griechenland ist der Ertrag also gerade mal um 22% höher als in Bayern

 

Ergänzung: Auf dieser Website kann man die Daten von real existierenden Photovoltaikanlagen in ganz Europa vergleichen. Dort fällt die Statistik etwas positiver für Griechenland aus als bei der Simulation, aber auch hier sieht man, dass maximal 50% Mehrertrag gegenüber Detschland möglich sind und nicht “das Doppelte” wie in den Pressemitteilungen verbreitet wird.

 

Ich bin sehr dafür in Griechenland Solarstromanlagen zu bauen und zwar um dort Kohlekraftwerke und Erdölkraftwerke zu ersetzen.
Bis allerdings griechischer Solarstrom über den Balkan oder über Italien zu uns gelangt, ist er durch die Kosten der dafür erforderlichen Netze definitiv teurer als Strom den man hier direkt auf dem eigenen Dach erzeugen kann.

 

geposted von Matthias Diehl
Solarertrag_irakleonSolarertrag_tegernsee

Die aktuelle Debatte über den Benzinpreis

Ich denke, die aktuelle Debatte über den Benzinpreis ist ein guter Anlass einmal auf eine Studie hinzuweisen, die bereits vor einiger Zeit im Auftrag der Bundeswehr zum Thema “Peak Oil” veröffentlicht wurde.

Dort werden bereits die sicherheitsrelevanten Fragen des zu Ende gehenden Erdölzeitalters untersucht, während man in den Talkshows heute immer noch die Meinung hört, “man müsse nur die staatlichen Abgaben auf Rohöl beseitigen und das Problem der hohen Ölpreise wäre gelöst”.
Das Thema zeigt einmal mehr, wie kurzsichtig es ist, nicht schnell auf Erneuerbare Energien umzusteigen und nicht alles daran zu setzen diese auch für Mobilitätszwecke verfügbar zu machen.
Unsere Regierung jedoch macht genau das Gegenteil:
Anstatt konsequent alle Möglichkeiten voranzutreiben aus überschüssigem Solar- und Windstrom zunächst Wasserstoff und in einem weiteren Schritt dann synthetisches Methan herzustellen (Power to Gas), wird der Zubaukorridor für Photovoltaikanlagen auf 3 GWp pro Jahr begrenzt, weil ansonsten angeblich zu hohe Kosten für die Verbraucher entstehen.
Zum Vergleich: Im letzten Jahr (2011) wurden in Deutschland 7,5GWp zugebaut. Und das obwohl der Solarstrom immer billiger wird. Die kWh Solarstrom aus einer Großanlage kostet inzwischen nur noch 13Cent/kWh. In einem Liter Benzin sind ca. 10kWh enthalten, so dass diese kWh inzwischen bereits 17Cent kostet.
Über die Kopplung des Stromnetzes mit dem Erdgasnetz stünde der Solar- und Windstrom in Zukunft nicht nur für Elektrofahrzeuge, sondern auch für Erdgasfahrzeuge zur Verfügung. Wir schafften also Unabhängigkeit von den Erdölförderländern und langfristige Preisstabilität in einem Zuge.
Statt dessen diskutiert man hier über die Erhöhung der Pendlerpauschale und niedrigere Steuern auf Treibstoffe. Der Irrsinn hat einen Namen …

 

 

Hier noch eine überschlägige Rechnung, die ich mal gemacht habe um die Größenordnungen zwischen verbrauchtem Erdöl und erzeugtem Solarstrom besser einordnen zu können:
 7,5GWp erzeugen bei einer jährlichen Stromproduktion von 900kWh/kWp: 7.500.000 * 900kWh/kWp = 6,75*10^9 kWh.
Erdöl hat einen Heizwert von 11,9kWh/kg. Die jährlich erzeugte Strommenge der im letzten Jahr gebauten Photovoltaikanlagen entspricht daher dem Energieinhalt von: 5,67*10^8kg oder 567.000 Tonnen Erdöl.
Die von den im letzten Jahr neu hinzugekommenen Photovoltaikanlagen erzeugte jährliche Energiemenge entspricht daher etwa 0,518% des Energieinhaltes, des in Deutschland in einem Jahr verbrauchten Erdöls.
Oder anders ausgedrückt: Selbst bei einem Zubau von 7,5GWp/Jahr bräuchten wir 200 Jahre um unseren Ölbedarf durch photovoltaisch gewandelte Solarenergie zu decken.
Da wäre eine Beschleunigung aus meiner Sicht weitaus intelligenter als eine Bremse …

 

geposted von Matthias Diehl

erneute Reform des EEG

Ein Interview mit Volker Quaschning und Peter Grassmann zur erneuten Novellierung des EEG in den VDE Nachrichten bringt die Situation auf den Punkt:

Droht im Energiebereich schon wieder ein Ausstieg aus dem Ausstieg?

Volker Quaschning ist Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin.
Peter H. Grassmann war Vorstandsvorsitzender bei Carl Zeiss.