Biogasanlagen 2.0 und Power-to-gas

Biogasanlagen 2.0 und Power-to-gas

Die Biogastechnik entwickelt sich weiter und erweitert die Einsatzfälle für Biogasanlagen. Wir haben in diesem Blog bereits über verschiedene Nachteile von Biogasanlagen berichtet. Nun soll auch über die positiven Seiten und Chancen der Biogastechnik berichtet werden.Ein sinnvoller Schritt für Biogasanlagen ohne Aufbereitung zu Biomethan liegt in der Steigerung der Gasspeicherkapazität. Auf dem Markt existieren verschiedene Systeme zur Nutzung der Gärbehälter (Fermenter) oder Gärrest-Lagerbehälter als Gasspeicher. Durch eine veränderte Geometrie (z. B. Halbkugel über Behälter), die ggf. mit einer Erhöhung des Drucks auf bis zu 20 mbar einhergeht, kann das Speichervolumen deutlich erhöht werden. Eine interessante Übersicht bietet z. B. das Agrarinformationssystem der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft . Auch separate Speicherbehälter sind verfügbar, jedoch meist weniger wirtschaftlich.Wenn eine Biogasanlage einen Gasspeicher für 12 -18 Stunden aufweist, ist sie eine sehr gute Ergänzung für die Produktion von PV-Anlagen. Die von uns besuchte Biogasanlage in Wallerstädten (Besuchsbericht und Berechnungen) kann nach ergänzenden Angaben des Betreibers mit dem vorhandenen Gasvorrat unter den Abdeckungen etwa 10-12 Stunden Volllast Strom produzieren.  Bessere Rahmenbedingungen, d. h. zeitvariable Vergütungen für die Einspeisung in Zeiten verringerter EE-Erzeugung wären eine notwendige Rahmenbedingungen, damit Biogasanlagen diese Funktion als Ergänzung zur PV übernehmen können.Noch einen Schritt weiter gehen die Überlegungen von Biogaspionier Ulrich Schmack, der unter dem Dach von Viessmann in der Firma MicrobEnergy GmbH an der biologischen Methanisierung von Wasserstoff arbeitet. Die Erzeugung von Erdgas aus Wasserstoff gilt unter dem Namen „Power-to-gas“ als eine der interessantesten Optionen für die Langzeitspeicherung. Die ersten Forschungen zu power-to-gas gingen von der katalytischen Methanisierung bei Temperaturen von 350°C und Drücken von über 20 bar aus. MicrobEnergy entwickelt eine biologische Methanisierung bei Umgebungsdruck und mesophil-thermophilen Bedingungen wie Energie&Management im November 2012 berichtete (s. auch http://www.viessmann.de/de/Presse/aktuelles/apt-206009.html).

Damit soll nicht nur eine kostengünstigere Teillösung für die power-to-gas-Technologie entstehen. Die erhoffte Erhöhung des Methan-Gehalts in vorhandenen Biogasanlagen würde ebenfalls die Speicherkapazität der Anlagen deutlich erhöhen.

Biologisch dürfte das Vorhaben nicht ohne Probleme sein. Die Einleitung von Wasserstoff in eine Biogasanlage kann die Biologie der Anlage empfindlich stören. Die sog. acetogenen Bakterien, die einen Teil der mehrstufigen biologischen Prozesse   im Gärbehälter übernehmen, reagieren sehr empfindlich auf einen erhöhten Wasserstoffanteil. Dem Vorhaben von MicrobEnergy sollte dennoch viel Erfolg gewünscht werden.

Hans-Peter Scheerer

Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien in 2050 – Studie des Fraunhofer ISE

Vision 2050: Eine Studie des Fraunhofer ISE zeigt, dass Strom und Wärme für Deutschland im Jahr 2050 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen kann und entgegen aktueller Diskussionen und Streitthemen nicht teurer sein muss als heute.

 

Ist es eine Frage des Könnens oder eine Frage des Wollens?

 

Tina Ternus

 

studie-100-erneuerbare-energien-in-deutschland.pdf
vision-2050-fuer-strom und-waermeversorgung.pdf

Photovoltaik statt Biomasse

Mit Biomasse kann man zwar Strom immer dann erzeugen wenn er gebraucht wird, von diesem Vorzug wird allerdings derzeit kein Gebrauch gemacht. Biomasseanlagen speisen wie Photovoltaik- und Windenergieanlagen einfach ins Netz ein. Dafür sind die Flächennutzungsgrade der Biomasse aber eigentlich zu schlecht.

Beispiel: In diesem Artikel im Tagesspiegel wird berichtet, dass in Deutschland inzwischen von 12 Mio Hektar (1 Hektar = 10.000 m²) 2,3 Mio Hektar für Energiepflanzen genutzt werden.
Um die Größenordnung besser einschätzen zu können, habe ich mir mal die Mühe gemacht auszurechnen wie viel Strom man auf der gleichen Fläche mit Photovoltaikanlagen erzeugen könnte. Hier die Rechnung:
Für Biomasse genutzte Fläche: 2.300.000 * 10.000 m² = 2,3E^10m²
Wenn man eine Freiflächen Photovoltaikanlage im 15° Winkel nach Süden ausrichtet, kann man etwa die Hälfte der Fläche mit Modulen belegen.
Nutzbare Modulfläche: ca. 1,15E^10m².
Belegt man diese Fläche mit Solarmodulen mittlerer Leistung, kommt man auf einen Flächenbedarf von ca. 8m²/kWp.
Daraus ergibt sich eine Photovoltaikleistung von: 1,15E10m²/8 = 1.437.500.000 kWp. (1,437 TWp)
Geht man von einem mittleren Ertrag von 900kWh/kWp aus (das ist für Deutschland sicherlich ein realistischer Wert), kommt man auf eine jährliche Energiemenge von:
1.437.500.000 kWp * 900kWh/kWp = 1.293.750.000.000 kWh
Um die Zahl etwas griffiger zu machen hier noch ein paar Umrechnungen:
1.293.750.000.000 kWh
1.293.750.000 MWh
1.293.750 GWh
1.293,75 TWh

Die auf die Fläche bezogene Energieausbeute bei Solarstromnutzung beträgt: 1.293.750.000.000 kWh/2,3E^10m² = 56,25kWh(Strom)/m²

Zum Vergleich, der Strombedarf in Deutschland:

Teilt man 604/1.293,75 = 0,4668.

Das bedeutet: Auf 46,68% der im Moment für Energiepflanzen genutzten deutschen Anbaufläche könnte man die gleiche Menge Strom erzeugen, wie die, die derzeit (Stand 2010) in Deutschland verbraucht wird.

Nun ist Solarstrom ja nicht immer verfügbar. Um Solarstrom zu speichern, könnte man z.B. mit dem Power to Gas Prozess synthetisches Methan erzeugen. Das Methan könnte man speichern und dann wieder zu Strom machen wenn er benötigt wird. Die Umwandlung von Strom in Methan erfolgt derzeit mit einem Wirkungsgrad von ca. 60%. Die Rückverwandlung von Methangas in Gaskraftwerken erfolgt mit einem Wirkungsgrad von ca. 50%. Moderne Brennstoffzellen schaffen sogar 60%. Setzt man voraus, dass die gesamte Energiemenge über den Speicher gegangen ist (worts case) (was nicht zutrifft, da ein Teil des erzeugten Solarstromes direkt verbraucht werden könnte) erhält man die notwendige Strommenge:

604TWh/(0,6*0,5) = 2013,33TWh.

Das bedeutet: Nutzt man den Power to Gas Prozess zur Energiespeicherung und die im Moment (2011) bereits für Energiepflanzen genutzte Fläche und erntet dort Solarstrom, so kann man mit diesem bereits 1.293,75/2013,33 = 0,6425 also 64 % des deutschen Strombedarfs decken.

Erfolgt die Rückverwandlung des synthetischen Methans in Strom in Kraft Wärmekopplung, können sogar noch erhebliche Teile der oben eingerechneten 50% Verluste in Form von Wärme genutzt werden.

Nutzt man statt dem Power To Gas Prozess den Lageenergiespeicher von Eduard Heindl, so erreicht man sogar Speicherwirkungsgrade von etwa 80%. Bei gleichen Voraussetzungen wie oben (die gesamte Energie geht über den Speicher) bräuchte man dann eine Strommenge von 604TWh/0,8 = 755 TWh.

Das bedeutet: Mit Lageenergiespeichern würden bereits 755/1293,75 = 0,5836 also 58% der im Moment bereits für Energiepflanzen genutzten landwirtschaftlichen Fläche ausreichen um Deutschland vollständig mit Solarstrom zu versorgen.

Um einschätzen zu können wie effektiv die energetisch genutzten landwirtschaftlichen Flächen derzeit genutzt werden, habe ich mal ausgerechnet, wie viele kWh Strom man erzeugen könnte, wenn man Raps anbaut und das Rapsöl anschließend verstromt:

Die Ausbeute liegt laut dieser Quelle bei etwa 3 Mio Tonnen Rapsöl auf 2,4 Mio Hektar.
Rechnet man um sind dies 3.000.000.000kg auf 2.400.000*10.000m² = 2,4E^10m² >> 0,125kg/m²
Die auf die Fläche bezogene Energieausbeute bei Rapsöl beträgt: 0,125kg/m²*10kWh/m² = 1,25kWh(Öl)/m²
Würde man mit diesem Rapsöl nun Strom erzeugen (um mit der Photovoltaiknutzung vergleichen zu können) könnte man dies in einem Verbrennungsmotor mit einem Wirkungsgrad von ca. 25-30% tun. (Bei Kraft Wärmekopplung könnte natürlich auch hier die Brennstoffausnutzung noch verbessert werden.)
Dadurch verringert sich die Energieausbeute bei Rapsölnutzung auf: 1,25*0,3=0,375kWh/m² (gegenüber 56,25kWh/m² bei der Photovoltaik)

Ich möchte am Ende der Überlegungen noch darauf hinweisen, dass es sich natürlich nur um Modellrechnungen handelt, um ein Gefühl für die Größenordnungen zu erhalten. Es gibt neben der Photovoltaik schließlich auch noch die Windenergie, die Wasserkraft und die Geothermie um regenerativ Strom zu erzeugen.

Man kann jedoch sicherlich die Aussage treffen, dass eine photovoltaische Nutzung von Flächen, für die Energieerzeugung wesentlich effizienter ist, als der Anbau von Energiepflanzen.

geposted von Matthis Diehl

In Google Plus hat sich eine interessante Diskussion zu dem Thema dieses Blogbeitrages entwickelt.

Die aktuelle Debatte über den Benzinpreis

Ich denke, die aktuelle Debatte über den Benzinpreis ist ein guter Anlass einmal auf eine Studie hinzuweisen, die bereits vor einiger Zeit im Auftrag der Bundeswehr zum Thema “Peak Oil” veröffentlicht wurde.

Dort werden bereits die sicherheitsrelevanten Fragen des zu Ende gehenden Erdölzeitalters untersucht, während man in den Talkshows heute immer noch die Meinung hört, “man müsse nur die staatlichen Abgaben auf Rohöl beseitigen und das Problem der hohen Ölpreise wäre gelöst”.
Das Thema zeigt einmal mehr, wie kurzsichtig es ist, nicht schnell auf Erneuerbare Energien umzusteigen und nicht alles daran zu setzen diese auch für Mobilitätszwecke verfügbar zu machen.
Unsere Regierung jedoch macht genau das Gegenteil:
Anstatt konsequent alle Möglichkeiten voranzutreiben aus überschüssigem Solar- und Windstrom zunächst Wasserstoff und in einem weiteren Schritt dann synthetisches Methan herzustellen (Power to Gas), wird der Zubaukorridor für Photovoltaikanlagen auf 3 GWp pro Jahr begrenzt, weil ansonsten angeblich zu hohe Kosten für die Verbraucher entstehen.
Zum Vergleich: Im letzten Jahr (2011) wurden in Deutschland 7,5GWp zugebaut. Und das obwohl der Solarstrom immer billiger wird. Die kWh Solarstrom aus einer Großanlage kostet inzwischen nur noch 13Cent/kWh. In einem Liter Benzin sind ca. 10kWh enthalten, so dass diese kWh inzwischen bereits 17Cent kostet.
Über die Kopplung des Stromnetzes mit dem Erdgasnetz stünde der Solar- und Windstrom in Zukunft nicht nur für Elektrofahrzeuge, sondern auch für Erdgasfahrzeuge zur Verfügung. Wir schafften also Unabhängigkeit von den Erdölförderländern und langfristige Preisstabilität in einem Zuge.
Statt dessen diskutiert man hier über die Erhöhung der Pendlerpauschale und niedrigere Steuern auf Treibstoffe. Der Irrsinn hat einen Namen …

 

 

Hier noch eine überschlägige Rechnung, die ich mal gemacht habe um die Größenordnungen zwischen verbrauchtem Erdöl und erzeugtem Solarstrom besser einordnen zu können:
 7,5GWp erzeugen bei einer jährlichen Stromproduktion von 900kWh/kWp: 7.500.000 * 900kWh/kWp = 6,75*10^9 kWh.
Erdöl hat einen Heizwert von 11,9kWh/kg. Die jährlich erzeugte Strommenge der im letzten Jahr gebauten Photovoltaikanlagen entspricht daher dem Energieinhalt von: 5,67*10^8kg oder 567.000 Tonnen Erdöl.
Die von den im letzten Jahr neu hinzugekommenen Photovoltaikanlagen erzeugte jährliche Energiemenge entspricht daher etwa 0,518% des Energieinhaltes, des in Deutschland in einem Jahr verbrauchten Erdöls.
Oder anders ausgedrückt: Selbst bei einem Zubau von 7,5GWp/Jahr bräuchten wir 200 Jahre um unseren Ölbedarf durch photovoltaisch gewandelte Solarenergie zu decken.
Da wäre eine Beschleunigung aus meiner Sicht weitaus intelligenter als eine Bremse …

 

geposted von Matthias Diehl

Biogasszene beim Einspeisegesetz gespalten

Die im Energiebereich bekannte Anwaltskanzlei Becker Büttner Held hat im Auftrag der Viessmann Group und des Fachverbandes Biogas einen Gesetzesentwurf für ein Erneuerbare-Gas-Einspeise-und Speichergesetz (EEGasG) erarbeitet (Martin Altrock, EEGasG.

Der Entwurf für ein EEGasG sieht vor. eine Anschubförderung für Biomethan und der „Power to Gas“-Technik zu gewähren, über die hier bereits häufiger unter dem Stichwort „Erdgas als Energiespeicher“ berichtet wurde.

Der Gesetzesentwurf lässt das bestehende Fördersystem (u. a. EEG, EEWärmeG und Biokraftstoffquotengesetz) unberührt und schlägt eine Abnahme- und Vergütungspflicht  für Biomethan vor. Das gleiche soll auch für in das Erdgasnetz eingespeisten Wasserstoff/Methan gelten. Finanziert werden soll das neue Fördersystem wieder von den Stromkunden, die Betreiber von Gaskraftwerken sollen zur Abnahme des Gases verpflichtet werden.

Ein anderer Interessenverband aus dem Biogasbereich, der „Biogasrat e. V.“ spricht sich gegen den Vorschlag aus. Im Branchendienst E&M Daily spart der Geschäftsführer des Biogasrates Reinhard Schultz nicht an kräftigen Worten: „ Das erinnert an Winterschlussverkauf für Biogas über das ganze Jahr. Ich muss mich schon wundern, dass dieselben, die das unspezifische Verbrennen von Biogas in irgendwelchen Kraftwerken zulassen wollen, dieselben sind, die sich mit Zähnen und Klauen gegen dessen Einsatz in modernen Brennwertheizungen wehren.“ Von einer überkommenen Subventionsmentalität ist die Rede.

Der Biogasrat schießt gerne scharf. Bereits im Juni war das Deutsche BiomasseForschungszentrum (DBFZ) in Leipzig Ziel der Attacken. Dabei ging es um Zuarbeiten für den Erfahrungsbericht der Bundesregierung zum EEG 2009.

Der Biogasrat e.V. bezeichnet sich selbst als den „Verband der führenden Unternehmen der Biogaswirtschaft“. Seine Mitglieder repräsentieren nach eigenen Angaben die gesamte Wertschöpfungskette der Biogasbranche. In der Tat finden sich in dem Verband auch die großen Unternehmen der Energiewirtschaft. Marktnähe, Kosten und Energieeffizienz sollen Biogasproduktion und – verwendung nach den Wünschen des Biogasrates zunehmend bestimmen. Ein Hauptziel des Biogasrates ist die Öffnung des Wärmemarktes für Biogas.

Meine Meinung dazu:

Die ständigen Diskussionen über die PV-Vergütung im EEG zeigt, dass die Marktnähe nicht aus den Augen verloren werden darf. Beim Start von Technologien, die politisch gewollt, aber preislich nicht konkurrenzfähig sind, hilft dieses Mantra aber wenig. Die Biogastechnologie und deren Verbände sollten sich mit dem in meinem Augen größten Problem der Branche befassen: Der Nachweis, das Biogas nicht auf Kosten der Nahrungsmittelproduktion geht. Die „Teller oder Tank-Debatte“ ist der Punkt, über den die Biogaserzeugung aufsteigt oder fällt.

Hans-Peter Scheerer