Nachbrenner für Biogasanlage

Bereits im April 2013 wurde an der Biogasanlage in Wallerstädten, über die ich hier bereits häufiger berichtet hatte, eine Organic-Rankine-Cycle-Anlage (ORC-Anlage) eingeweiht. Die Technik stammt von Dürr Cyplan, einer Tochter des Anlagenbauers Dürr GmbH. Dürr Senior – von 1991 bis 1997 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn – ließ es sich nehmen, an der Einweihung teilzunehmen. Auch die Hessische Umweltministerium Puttrich und andere Prominenz war zu Gast.

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Biogasanlagen 2.0 und Power-to-gas

Biogasanlagen 2.0 und Power-to-gas

Die Biogastechnik entwickelt sich weiter und erweitert die Einsatzfälle für Biogasanlagen. Wir haben in diesem Blog bereits über verschiedene Nachteile von Biogasanlagen berichtet. Nun soll auch über die positiven Seiten und Chancen der Biogastechnik berichtet werden.Ein sinnvoller Schritt für Biogasanlagen ohne Aufbereitung zu Biomethan liegt in der Steigerung der Gasspeicherkapazität. Auf dem Markt existieren verschiedene Systeme zur Nutzung der Gärbehälter (Fermenter) oder Gärrest-Lagerbehälter als Gasspeicher. Durch eine veränderte Geometrie (z. B. Halbkugel über Behälter), die ggf. mit einer Erhöhung des Drucks auf bis zu 20 mbar einhergeht, kann das Speichervolumen deutlich erhöht werden. Eine interessante Übersicht bietet z. B. das Agrarinformationssystem der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft . Auch separate Speicherbehälter sind verfügbar, jedoch meist weniger wirtschaftlich.Wenn eine Biogasanlage einen Gasspeicher für 12 -18 Stunden aufweist, ist sie eine sehr gute Ergänzung für die Produktion von PV-Anlagen. Die von uns besuchte Biogasanlage in Wallerstädten (Besuchsbericht und Berechnungen) kann nach ergänzenden Angaben des Betreibers mit dem vorhandenen Gasvorrat unter den Abdeckungen etwa 10-12 Stunden Volllast Strom produzieren.  Bessere Rahmenbedingungen, d. h. zeitvariable Vergütungen für die Einspeisung in Zeiten verringerter EE-Erzeugung wären eine notwendige Rahmenbedingungen, damit Biogasanlagen diese Funktion als Ergänzung zur PV übernehmen können.Noch einen Schritt weiter gehen die Überlegungen von Biogaspionier Ulrich Schmack, der unter dem Dach von Viessmann in der Firma MicrobEnergy GmbH an der biologischen Methanisierung von Wasserstoff arbeitet. Die Erzeugung von Erdgas aus Wasserstoff gilt unter dem Namen „Power-to-gas“ als eine der interessantesten Optionen für die Langzeitspeicherung. Die ersten Forschungen zu power-to-gas gingen von der katalytischen Methanisierung bei Temperaturen von 350°C und Drücken von über 20 bar aus. MicrobEnergy entwickelt eine biologische Methanisierung bei Umgebungsdruck und mesophil-thermophilen Bedingungen wie Energie&Management im November 2012 berichtete (s. auch http://www.viessmann.de/de/Presse/aktuelles/apt-206009.html).

Damit soll nicht nur eine kostengünstigere Teillösung für die power-to-gas-Technologie entstehen. Die erhoffte Erhöhung des Methan-Gehalts in vorhandenen Biogasanlagen würde ebenfalls die Speicherkapazität der Anlagen deutlich erhöhen.

Biologisch dürfte das Vorhaben nicht ohne Probleme sein. Die Einleitung von Wasserstoff in eine Biogasanlage kann die Biologie der Anlage empfindlich stören. Die sog. acetogenen Bakterien, die einen Teil der mehrstufigen biologischen Prozesse   im Gärbehälter übernehmen, reagieren sehr empfindlich auf einen erhöhten Wasserstoffanteil. Dem Vorhaben von MicrobEnergy sollte dennoch viel Erfolg gewünscht werden.

Hans-Peter Scheerer

Biogas vs. Photovoltaik – Kosten und Flächen

Ein erster Vergleich von Biogasanlagen mit Photovoltaikanlagen wurde im Energiewendeblog bereits angerissen (https://energiewende-ruesselsheim.de/photovoltaik-statt-biomasse). Insbesondere auf Google+ hat sich eine aktive Diskussion dazu entwickelt. Man hat dem Autor damals finanzielle Absichten unterstellt und eine Spaltung der EE-Befürworter befürchtet. Dennoch oder gerade deswegen wollen wir die Angelegenheit vertiefen.

Dazu hat der Verein Energiewende e. V. im Juli 2012 eine Biogasanlage besichtigt. Die Anlage in Wallerstädten im Landkreis Groß-Gerau ist im Besitz der Stadtwerke Groß-Gerau-Versorgungsbetriebe (GGV) und seit 2008 in Betrieb. Eine Beschreibung der Anlage ist hier zu finden. Dem Anlagenbetreiber ist es gelungen, den Anteil von Mais an den Einsatzstoffen von ursprünglich fast 100% auf mittlerweile ca. 60% zu reduzieren. Auf 300 ha Fläche werden nachwachsende Rohstoffe  angebaut. Die Landwirte werden bei der Auswahl der Einsatzstoffe beraten. Ca. 20.000 bis 24.000 t Biomasse gelangen pro Jahr in die Anlage. Ca. 70% der Einsatzstoffe verlassen das System wieder als Wirtschaftsdünger, der Rest wird in Biogas umgewandelt.

Aus dem Biogas werden jährlich ca. 8,0 bis 8,5 Mio. kWh Strom erzeugt und eingespeist. Die Wärmenutzung im angeschlossenen Trocknungsbetrieb führt dort zu einer Reduzierung des Heizölverbrauchs um 90.000 bis 300.000 l/a, je nach Produktion. Durch die Nutzung zumindest eines Teils der überschüssigen Wärme liegt der Gesamtnutzungsgrad bei ca. 50-60% bezogen auf das eingesetzte Biogas.

Der persönliche Eindruck von den für den Betrieb verantwortlichen Personen war überzeugend. Die Notwendigkeiten der Landwirtschaft, der Umwelt und des Unternehmens werden  verantwortungsvoll und kompetent ausbalanciert.

Energiewirtschaftlich produziert die Anlage im wesentlichen Grundlaststrom. Versuche einer eher bedarfsorientierten Erzeugung wurden unternommen, jedoch gibt es wirtschaftlich keine Gründe dafür, da z. B. Spitzenstrom aktuell nicht wesentlich besser bezahlt wird als Grundlaststrom. Da es keinen Gasspeicher auf der Anlage gibt, wäre ohnehin nur eine begrenzte Reduzierung der Stromproduktion möglich, da die biologischen Prozesse die das Gas erzeugen, nur sehr träge regelbar sind. Biogas aus Anlagen ohne Gasspeicher oder Gaseinspeisung kann also als Ersatz für Grundlastkraftwerke genutzt werden, nicht jedoch zur Kompensation der fluktuierenden Erzeugung aus Sonne und Wind.

Im Nachgang zum Besuch wurden mit den Daten der Anlage ein weiterer Vergleich zu einer PV-Anlage gleicher Fläche gewagt
(s. Biogasanlage_vs_PV_Kostenvergleich_hps_20120720).
An den früheren Einschätzungen zur Flächeneffizienz (s. o.) hat sich nichts geändert. Auf der gleichen Fläche ließe sich mit PV ungefähr das 15-fache an Energie erzeugen.

Neu ist eine Kostenbetrachtung, die nur näherungsweise durchgeführt wurde, da uns der Betreiber der Biogasanlage keine Daten zur Wirtschaftlichkeit der Anlage gab. Das Ergebnis zeigt Erzeugungskosten von ca. 113 €/MWh für die Biogasanlage und ca. 95 €/MWh für die Mega-PV-Anlage. Auch hier ergibt sich ein Vorteil für PV.

Betrachtet wurden für die Biogasanlage nur die wesentlichen Kostenblöcke Kapitalkosten, Biomasse, BHKW-Wartung und ein geringer Personalaufwand. Bei den Schätzung der Wartungskosten von sehr großen PV-Anlagen waren wir auf Extrapolationen angewiesen. Der sehr viel höhere (75-fach) Kapitalbedarf macht die Kostenrechnung für die PV-Anlage sehr stark abhängig von den Zinsen. Ich bin von 5% ausgegangen. Ausreichende Sicherheiten vorausgesetzt, lassen sich derzeit deutlich niedrigere Zinsen erzielen.

Bleibender Vorteil für die Biogasanlage ist die gleichförmige Stromproduktion, die im Wesentlichen von der Zuverlässigkeit der Gasmotoren abhängt. Interessant wäre ein Carbon-Footprint beider Techniken, hier sind andere aufgerufen einen Vergleich zu erstellen.

Hans-Peter Scheerer

 

 

Streitfall Biogas

Der NDR hat in einem 45-minütigen Bericht „Streitfall Biogas“, über die praktischen Konflikte berichtet, die durch den Bau und Betrieb von Biogasanlagen entstehen. Er bietet viele Anstöße, über die aktuelle Entwicklung nachzudenken.

Weitere Hinweise zum Thema liefert auch die Internetseite http://www.biomasse-nutzung.de in der Ron Kirchner Informationen und seine Gedanken zur Biomassenutzung darstellt.

Hans-Peter Scheerer

Biogasszene beim Einspeisegesetz gespalten

Die im Energiebereich bekannte Anwaltskanzlei Becker Büttner Held hat im Auftrag der Viessmann Group und des Fachverbandes Biogas einen Gesetzesentwurf für ein Erneuerbare-Gas-Einspeise-und Speichergesetz (EEGasG) erarbeitet (Martin Altrock, EEGasG.

Der Entwurf für ein EEGasG sieht vor. eine Anschubförderung für Biomethan und der „Power to Gas“-Technik zu gewähren, über die hier bereits häufiger unter dem Stichwort „Erdgas als Energiespeicher“ berichtet wurde.

Der Gesetzesentwurf lässt das bestehende Fördersystem (u. a. EEG, EEWärmeG und Biokraftstoffquotengesetz) unberührt und schlägt eine Abnahme- und Vergütungspflicht  für Biomethan vor. Das gleiche soll auch für in das Erdgasnetz eingespeisten Wasserstoff/Methan gelten. Finanziert werden soll das neue Fördersystem wieder von den Stromkunden, die Betreiber von Gaskraftwerken sollen zur Abnahme des Gases verpflichtet werden.

Ein anderer Interessenverband aus dem Biogasbereich, der „Biogasrat e. V.“ spricht sich gegen den Vorschlag aus. Im Branchendienst E&M Daily spart der Geschäftsführer des Biogasrates Reinhard Schultz nicht an kräftigen Worten: „ Das erinnert an Winterschlussverkauf für Biogas über das ganze Jahr. Ich muss mich schon wundern, dass dieselben, die das unspezifische Verbrennen von Biogas in irgendwelchen Kraftwerken zulassen wollen, dieselben sind, die sich mit Zähnen und Klauen gegen dessen Einsatz in modernen Brennwertheizungen wehren.“ Von einer überkommenen Subventionsmentalität ist die Rede.

Der Biogasrat schießt gerne scharf. Bereits im Juni war das Deutsche BiomasseForschungszentrum (DBFZ) in Leipzig Ziel der Attacken. Dabei ging es um Zuarbeiten für den Erfahrungsbericht der Bundesregierung zum EEG 2009.

Der Biogasrat e.V. bezeichnet sich selbst als den „Verband der führenden Unternehmen der Biogaswirtschaft“. Seine Mitglieder repräsentieren nach eigenen Angaben die gesamte Wertschöpfungskette der Biogasbranche. In der Tat finden sich in dem Verband auch die großen Unternehmen der Energiewirtschaft. Marktnähe, Kosten und Energieeffizienz sollen Biogasproduktion und – verwendung nach den Wünschen des Biogasrates zunehmend bestimmen. Ein Hauptziel des Biogasrates ist die Öffnung des Wärmemarktes für Biogas.

Meine Meinung dazu:

Die ständigen Diskussionen über die PV-Vergütung im EEG zeigt, dass die Marktnähe nicht aus den Augen verloren werden darf. Beim Start von Technologien, die politisch gewollt, aber preislich nicht konkurrenzfähig sind, hilft dieses Mantra aber wenig. Die Biogastechnologie und deren Verbände sollten sich mit dem in meinem Augen größten Problem der Branche befassen: Der Nachweis, das Biogas nicht auf Kosten der Nahrungsmittelproduktion geht. Die „Teller oder Tank-Debatte“ ist der Punkt, über den die Biogaserzeugung aufsteigt oder fällt.

Hans-Peter Scheerer